Blutiges Erwachen - Aufgeschlitzt und zugenäht

„Heute ist es soweit!“ ist mein erster Gedanke nach dem Aufwachen. Allerdings ist der Gedanke keinesfalls mit Freude verbunden, denn heute steht ein Zahnarzt-Termin mit Operation an. Ein erbsengroßer Knubbel auf der Innenseite meiner Unterlippe machte diesen Schritt notwendig.

Das Schöne an der ganzen Sache: ich bin nicht alleine. Meine süße Mausfrau begleitet mich natürlich bis zum Folter-, ähm, Zahnarztstuhl. Mit dabei: unsere "Kanone". Schließlich muss das auch dokumentiert werden. Die allzu blutigen Fotos zeigen wir hier natürlich nicht.

Redaktionelle Anmerkung:
Da es sich jedoch trotzdem um OP Fotos handelt, ist auch Blut zu sehen. Daher fügen wir alle „blutigen“ Fotos erst ganz am Ende dieses Artikels ein. Somit kann jeder den Artikel lesen, ohne gezwungen zu werden, die Fotos anzuschauen.

Es ist 16:30 und wir machen uns langsam auf den Weg. Unser Womo steht jetzt, nachdem wir ein paar Tage etwas außerhalb der Stadt (Nähe Walmart) geparkt hatten,  jetzt in der Innenstadt in Küstennähe (Ecke Abasolo/ Legaspi):

(Ihr habt die Möglichkeit, die "Höhe über Meeresspiegel" auszublenden, indem Ihr direkt auf den Schriftzug mit dem blauen Hintergrund klickt)

Von hier brauchen wir nur ca. 10 Minuten mit unserer Honda XR650 bis zum Zahnarzt. Und der Rückweg sollte auch noch problemlos machbar sein. Zur Not können wir aber auch laufen oder uns ein Taxi nehmen.

Ich verzichte auf die angebotenen Beruhigungsmittel, da wir ja anschließend noch mit dem Motorrad wieder zurückfahren wollen. Und Beruhigungsmittel und Straßenverkehr passen nicht so gut zusammen.

Für die OP wurde extra noch ein Chirurg in die Praxis bestellt, der diese durchführt. Der Zahnarzt assistiert in diesem Fall. Wenn wir das richtig verstanden haben, dann ist der Beruf des Zahnarztes in Mexiko ein normaler Lehrberuf. Für „tiefergehende“ (haha, Wortspiel 😉 Behandlungen wie Operationen, Wurzelbehandlungen usw. werden jeweils Spezialisten hinzugezogen.

Und während ich noch gut Lachen habe, wird hinter mir schon das Folterwerkzeug hergerichtet.

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Jetzt geht´s Schlag auf Schlag. Ich sehe aus den Augenwinkeln wie sich das Monstergerät von Spritze meinem Mund nähert.

(Anmerkung: Kann mir eigentlich irgendjemand sagen, warum die Spritzen beim Zahnarzt immer so ausschauen wie mittelalterliche Folterwerkzeuge? Warum kann man nicht auch hier die kleinen, harmlos ausschauenden Einmalspritzen nehmen, wie sie in normalen Arztpraxen verwendet werden? Sollte das etwa daran liegen, dass Zahnärzte in ihrem tiefsten Inneren doch sadistischer sind als sie eigentlich zugeben wollen? ;))

Dank der modernen Medizin (ein Hoch auf die Anästhesie) spüre ich dank der Oberflächenbetäubung noch nicht mal den Piekser des Einstichs. Puuh. Geschafft. Zumindest bis hierher.

Bevor der Zahnarzt das Samurai-Schwert ansetzt um meinen Körper zu öffnen, drückt er mir einen in einen Gummihandschuh eingepackten Tennisball in die Hand. Oha. Ist das nötig? Na ja, er wird´s schon wissen. In wenigen Minuten werden wir 2 Dinge wissen:

  1. Wirkt die Betäubung schon?
  2. Können auch Tennisbälle platzen?

Und das Ergebnis lautet: ein klares „JAIN“! Die Betäubung wirkt noch nicht und Tennisbälle können platzen!

Oh nee. Es war anders rum. Kleiner Scherz am Rande 😉 Ich spüre rein gar nichts. Mal abgesehen davon, dass irgendwas an meiner Lippe gemacht wird.

Nach ein paar Minuten lege ich übermütig den Ball auf Seite. Ob Größenwahn eine der Nebenwirkungen der Betäubung ist? 😉

Zwischendurch höre ich immer wieder das Klicken unserer Spiegelreflexkamera. Enida ist wieder voll in ihrem Element. Der rasende Reporter in Aktion. In weiser Voraussicht habe ich ihr vorab ein Versprechen abgenommen: Sie darf den Arzt auf keinen Fall ausversehen anstupsen, solange er ein Skalpell in der Hand hat. Auch nicht für ein gutes Foto 😉

Nach 48 Stunden ist das kleine Alien-Monster aus meiner Lippe draußen. Jetzt muss noch die klaffende Wunde mit vermutlich 37 Stichen genäht werden. Ärgerlich ist natürlich, dass die Narbe auf der Innenseite der Lippe liegen wird und damit keiner sieht, welche unbändigen und stundenlangen Qualen ein echter Mann hier aushalten musste.

Wie auch immer. Da muss ich jetzt eben durch. Nachdem wieder alles ordnungsgemäß zugemacht und aufgeräumt wurde, schwingen wir uns beide aufs Motorrad und fahren zurück zum Wohnmobil. Hier lege ich mich erst mal hin und kuschle mit einem Eisbeutel. Wir werden den Tag ganz entspannt ausklingen lassen und ich hoffe, dass die Nacht ebenfalls entspannt wird.

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Aus Enidas Sicht hat sich der OP Verlauf jedoch etwas anders dargestellt:

Als der Doc mit der winzigen Spritze ankam, habe ich mir Mühe gegeben, Ihre Hand nicht zu zerquetschen. Die eigentliche OP dauerte ca. 25 Minuten und der winzige, ca. 1cm kleine Schnitt wurde gerade mal mit 4 kleinen Stichen genäht.

Gut, vielleicht habe ich durch die Medikamente doch eine verzerrte Vorstellung des Ganzen erhalten? Zumindest mag ich nicht ausschließen, dass an Enidas Wahrnehmung auch das Eine oder Andere dran sein könnte 😉

Wobei ich zu der Rettung meiner Männer-Ehre (und ja, ein Schnupfen kann durchaus auch mal lebensgefährlich sein und Grund genug, dass man von der Ehefrau gut gepflegt werden muss) noch erwähnen muss, dass ich keine der mitgegebenen Schmerzmittel eingenommen habe. Gerne würde ich sage, dass ich die Schmerzen so ausstehen wollte, aber es waren einfach keine Schmerzen da, wofür ich diese Chemiekeulen hätte nehmen können 😉

Und hier die versprochene Fotoreihe:

Im nächsten Blogbeitrag geht´s um "Karneval in Mexiko". Und was Enida (und zugegebenermaßen auch mich selbst) überrascht: dieses Erlebnis beginnt schon wenige Stunden nach der OP… Es sollte eigentlich nur ein kleiner Spaziergang an der Strandpromenade werden. Bis wir dann Zeuge eine Explosion mitten in der Menschenmenge wurden… 

­PS
Im letzten Beitrag, wo wir mit den Walhaien Schwimmen waren, haben wir gar nicht erwähnt, dass wir hier wieder 170,- US$ sparen konnten. Wir haben die Tour völlig kostenlos erhalten und der Inhaber der Firma hat sich persönlich bei uns bedankt, dass wir da waren. Ein Folgeangebot für eine weitere Tour haben wir aber aus Zeitgründen ausgeschlagen. Schließlich wollen wir langsam mal weiter Richtung Süden. Wieso wir auch diese Tour kostenlos erhalten haben? Das verraten wir >>> HIER <<<


>>> So hat alles angefangen: 1 bis 2 Jahre Nordamerika – die Idee

Hier geht es zum vorherigen Beitrag: Walhaie: Unsere Begegnung mit den größten Fischen der Welt – im offenen Meer!

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2 thoughts on “Blutiges Erwachen - Aufgeschlitzt und zugenäht”

  1. Hallo Tom,

    es ist wie alles im Leben ziemlich subjektiv. Was für den einen eine enorme Anstrengung bedeutet ist für den anderen ein Kinderspiel. Und trotzdem prägt uns jedes Ereignis auf seine einzigartige Weise.
    Vielen Dank für Deine offene und ehrliche Berichtersattung...
    Herzliche Grüße
    Birgit

    1. Hallo Birgit,
      danke für Deinen Kommentar. Mit Deinem Satz hast Du völlig Recht. Ich bewundere hier echt meine Maus, da sie in Sachen Zahnarzt völlig relaxt ist... ganz im Gegensatz zu mir 😉
      Sonnige Grüße aus Mexiko,
      Tom

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