Von der guten Seele Bob – und 500m senkrechten Felswänden

Der Wecker klingelt um 08:00 – in Deutschland für uns kaum vorstellbar, hier für uns schon gar nicht mehr so eine Seltenheit. Wir machen - wie immer - noch im Bett liegend das Rollo hoch und freuen uns schon insgeheim auf blauen Himmel. Fehlanzeige. Es ist neblig. Mist. Wir machen das Beste daraus und bestellen Sonnenschein für „in einer Stunde“. Über Nacht haben wir illegalen Besuch bekommen. 2 Pick-ups haben sich mit auf unseren Platz gestellt. Solche Aktionen sind sehr riskant. Denn wenn ein Ranger eine illegale Übernachtung mitbekommt, hagelt es eine saftige Geldbuße. Wir packen schnell unsere Sachen zusammen und machen uns auf den Weg zur Erlaubnis-Stelle, um uns für die folgenden Nächte die Übernachtungen zu sichern.

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Und siehe da. Auf dem Weg zur Ranger Station reißt der Himmel auf, noch bevor die erste Stunde vorbei ist. Danke Universum.

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Unterwegs lesen wir eine sms von Bob, dass wir bitte zwischen 09:00 und 09:30 Ralph anrufen sollen, um die Batterie per Kredit­karte zu bezahlen. Das wird knapp. Wir sind um 09:00 in der Erlaubnis-Stelle und stellen fest, dass schon 2 Leute vor uns da sind. Hoffentlich nehmen sie uns nicht unsere speziellen Plätze weg. Wie gesagt, mit unserem Wohnmobil kommen wir nur auf 3 mögliche Backcountry Camp Sites.

Es ist 09:10 als wir endlich drankommen. Die Rangerin ist klasse, denn als wir ihr erzählen was wir vorhaben arbeitet sie mit uns einen perfekten Plan aus: Heute Nacht Castolon Camp Ground, weil wir morgen den Rio Grande paddeln wollen. Die nächsten 3 Nächte erhalten wir die Möglichkeit die Site „Government Spring“ auf der Grapevine Hills Road zu bekommen. Einfach genial. Der ganze Spaß kostet gerade mal 10,-$...

Ein nervöser Blick auf die Uhr bestätigt mir, dass es schon 09:20 ist und so lasse ich Enida mit dem organisatorischen Kram wie Bezahlung usw. allein und laufe zu Fred, um Ralph anzurufen und die Batterie zu bestellen. Laptop hochfahren, WLan auswählen – Mist! Wieso findet mein Laptop nicht mehr das WLan, wo ich gestern noch drin war? An der gleichen Stelle? Verdammt. Ich werde nervös. Ralph ist um 09:30 weg, weil er einen Termin hat. Also Laptop untern Arm und im Laufschritt zu Ranger-Station und dort ins WLan einwählen. Das klappt zum Glück problemlos. Um 09:28 bekomme ich Ralph zum Glück noch ans Telefon. Als ich sage, dass ich wegen der Batterie anrufe, meint er nur: „Hat sich erledigt.“ Ich stocke kurz und frage: „Und das heißt?“ „Deine Batterie ist schon auf dem Weg zu Dir. Bob ist vor 10 Minuten hier losgefahren und hat alles bezahlt. Rechnung hat er auch dabei. Er müsste in 30 Minuten bei Dir sein.“ Ich bin platt. Völlig überwältigt schaue ich meine Maus an und berichte ihr, was ich gerade gehört habe. Auch sie schaut ungläubig. Da geht ein wildfremder Mensch für 60,-$ in Vorleistung für eine Batterie und kommt mit seinem Motorrad 45 Minuten (einfach) in den Park um sie mir zu bringen. Als ich ihn frage, was er denn für die Anlieferung bekomme, sagt er nur, ich solle es irgendwann an einem anderen Menschen zurückzahlen. Wahnsinn.

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Wir unterhalten uns noch eine Weile und ich frage ihn, ob er schon mal was von der alten "Trading Company" in der Ghost Town (Geisterstadt) Terlingua gehört hat. Er fängt sofort an zu schwärmen und sagt, dass er mindestens 2-3x / Woche dort sei, den Sonnenuntergang beobachte und sich mit den Leute unterhalte. Er meint, dass man selten so eine große Vielfalt unterschiedlicher Menschen aus unterschiedlichen Nationen findet. Die meisten sind Aussteiger, die ihrer Berufung nachgehen und einfach Freude am Leben haben, ohne sich von anderen fremdbestimmen zu lassen. Das hört sich doch gut an. Wir planen kurzfristig um. Mittwoch wollten wir den Big Bend eigentlich Richtung Norden verlassen. Jetzt haben wir uns für eine Stunde vor Sonnenuntergang im Ghost Town verabredet. Und natürlich geht Bobs erstes Bier auf uns. 🙂

Jetzt heißt es: schnell Batterie einbauen und dann los auf den Camp Ground nach Castolon. Aaah, stopp! Doch nicht... Wir brauchen noch ein neues Ticket für den Park. Unseres läuft morgen ab. Also noch mal rein ins Visitor Center. Statt erneute 20,- zu zahlen entscheiden wir uns gleich den Jahrespass „America the Beautiful“ zu kaufen. Dieser kostet US$ 80,- und berechtigt 12 Monate lang alle Nationalparks und sonstige Einrichtungen des Nationalpark Services kostenlos zu besuchen. Die 20,- vom ersten Ticket werden uns angerechnet, so dass wir nur noch 60,- nachzahlen müssen. Dieser Pass gilt übrigens für alle Insassen eines (nicht-kommerziellen) Fahrzeugs und lohnt sich sehr schnell. Die großen Parks wie Big Bend, Grand Canyon, Yellowstone usw. kosten meist alle 20,- und die kleineren meist 10,-. Es ist also eine Rechenaufgabe, ob sich dieser Pass für einen lohnt. Tipp: Auf der Rückseite können 2 Passinhaber unterschreiben. So kann z.B. Familie A nur EINMAL auf der Rückseite unterschreiben und im Juni Urlaub machen und die Parks besuchen. Familie B kann z.B. im August Urlaub machen, den Pass von Familie A übernehmen und an der zweiten Stelle des Ausweises als Inhaber unterschreiben. Das ist völlig legal und ist so auch gewollt. Damit kann man sich die Kosten ganz entspannt teilen.

So. jetzt geht´s aber weiter. Und das natürlich wieder an wunderschöner Natur vorbei. Als unser Schöpfer den Big Bend erschaffen hat, hatte er echt einen verdammt guten Tag….


Der Camp Ground Castolon ist ein „Silent Camp Ground“. Hier sind keine Generatoren oder sonstige Dinge gestattet, die Lärm machen. Diese Stille ist wirklich gigantisch.


Auch dieser Camp Ground ist wieder ein Selbst-Registrierung Camp Ground, wo man das Geld in einen Umschlag steckt, seinen Namen und Kennzeichen aufschreibt und einwirft. Vorher sollte man noch die Lasche abreißen, und an den Pfosten des eigenen Stellplatzes hängen. So wissen die Ranger gleich, wer bezahlt hat.

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Damit wir morgen gleich wissen wo wir mit den Kajaks einsetzen, wollen wir jetzt noch schnell mit dem Motorrad rüberfahren und uns die Stelle anschauen. Gesagt. Getan.


Hier ist die „Einfahrt“, naja, eigentlich die „Ausfahrt“ vom Santa Elena Canyon des Rio Grande. Wir wollen morgen nämlich den Rio Grande ein paar Kilometer stromaufwärts paddeln. Laut Aussagen der Ranger soll das ganz gut machbar sein. Außer bei ein paar Stromschnellen, da kann man das Boot aber durchziehen. Diese sollen wohl relativ flach sein. Hmmm, wir werden sehen. Die Felsen gehen übrigens beidseitig ca. 500m senkrecht empor. Sehr beeindruckend:

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Wir freuen uns schon total darauf! Da wir wissen, dass es morgen ein anstrengender Tag wird, fahren wir - mit einem kleinen Foto-Umweg - auch gleich wieder zum Camp Ground und relaxen den Rest des Tages.


Hier sieht man übrigens die hinterhältigen Kakteen, die vermeintlich keine Stachel, sondern eine samtweiche Haut haben. Das war genau die Sorte, wo sich meine Maus die ganze Hand voller Ministachel geholt hat…

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Hier noch ein paar weitere Impressionen:


Und weil es uns vermutlich sonst keiner glaubt, hier auch die Beweisfotos vom Nichtstun 🙂

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>>> So hat alles angefangen: 1 bis 2 Jahre Nordamerika – die Idee

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